Der Homo Schichleiniensis

Heute wollen wir uns einem Lebewesen widmen, dem die Weltbevölkerung bis heute leider kaum die ihm zustehende Beachtung gezollt hat: dem Homo Schichleiniensis.

Warum der Homo Schichleiniensis bis auf den heutigen Tag nahezu unentdeckt unter uns zu leben vermochte, ist bislang unklar. Allerdings kann man vermuten, daß es bisher noch kein Forscher gewagt hat, sich näher mit diesem höchst eigenwilligen Exemplar zu befassen.

Das einzige bekannte Forschungsobjekt (also das, bei dem sich wirklich einer getraut hat, zu forschen) hielt sich die meiste Zeit seines Lebens als Lehrer getarnt in W. im Oberbergischen Kreis auf. Dort ist er aufgrund der Position, welche er sich in der dortigen Gesellschaft erschlichen hat, in der Lage, seine relativ urtümlichen und mit denen eines normalen Homo sapiens sapiens nicht vergleichbaren Sitten und Gebräuche ungestört und nahezu unbemerkt auszuleben. Konkret bedeutet dies, daß er den ihm untergebenen Schülern zumeist völlig unverständliche und in höchstem Maße verachtenswürdige Aufgaben aufzwingt. Da diese jedoch zum Großteil unlösbar sind, entspricht es seinem Charakter, diese gepeinigten Schüler (wel-che ja nicht ahnen können, daß ihnen dies alles zu Unrecht zugefügt wird) fortan weiter zu sinnlosen Handlungen wie sog. ‘Hausaufgaben’, ‘Abschriften’ (von zum Scheitern verurteilten ‘Klassenarbeiten’), ‘Aufsätzen’ (über irgendwelche ‘Vergehen’) u.ä. zu zwingen. Sollte sich hierbei ein solches Individuum gegen seinen Peiniger erheben, so wird es rigoros selektiert und z.T. aufgefressen.

Gegenüber Schülern, die nicht der Schulform des Homo Schichleiniensis entsprechen, reagiert dieser allergisch. Denn obwohl er als sehr robust gelten muß und, wie man sagt, ‘ein dickes Fell’ hat, entsprechen solche Schüler nicht seiner gewohnten Umgebung. Somit reagiert er mit Ablehnung und greift zu seinem üblichen und gern angewandten Selektionsmechanismus (dieses Verhalten scheint chromosomal verankert, Ausnahmen wurden bislang nicht beobachtet).

Der Homo Schichleiniensis trägt am Kopf sowie an den Vorder- und Hinterbeinen ein dichtes, graubraunes Haarkleid (der übrige Körper konnte noch nicht genau untersucht werden, da er (fast) stets mit einer Kleidung aus Naturhaar bedeckt ist). Er ist klein und stämmig gebaut, was ein gutes Überleben in der freien Wildbahn gewährleistet. Der Schädel ist massiv und etwas kantig, der stechende Blick der Knopfaugen wird von einigen als unangenehm beschrieben.

Seine Ernährungsweise unterscheidet sich gravierend von der unsrigen: So ernährt er sich (vorzugsweise in Notzeiten und Phasen körperlicher Anspannung) von Glas und ist durchaus in der Lage, größere Mengen Alkohol aufzunehmen, ohne dabei bemerkbare Nachwirkungen davonzutragen.

Zu erkennen ist der Homo Schichleiniensis an seiner etwas seltsam anmutenden Sprache, welche durchsetzt ist von einer Vielzahl an Redewendungen wie „Ran!“, der Steigerungsform „Zack-Ran!“ und weiteren verwirrenden Floskeln. Außerdem spricht er zeitweise von unverständlichen Begebenheiten, wie „...ich habe schon Pferde vor Apotheken stehen (manchmal auch: kotzen) sehen...“, „...die Hosen mit der (man höre und staune!) KNEIFZANGE anziehen...“ – Was er mit diesen Reden zu erreichen sucht, bleibt nach wie vor unverständlich. Es wurden vor kurzem die Theorien aufgestellt, der Homo Schichleiniensis habe diese konfusen Redewendungen erfunden, um sein (unfreiwilliges) Auditorium zu ärgern bzw. er habe sie lediglich aufgeschnappt und streue sie jetzt ohne jegliches Verständnis für den Inhalt derselben in seinen Redefluß ein.

Fest steht jedenfalls, daß der Homo Schichleiniensis zu den bemerkenswertesten Lebewesen Europas gerechnet werden kann.


Philip Schmitz

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